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Bestnoten für den Dirigenten

Lukas Baumann, in Windsbach verantwortlich für die Chorvorbereitung, hat erfolgreich seinen Bachelor in Musik gemacht. Dafür hatte er ein Abschlusskonzert zu dirigieren – natürlich mit den Windsbachern.


Eigentlich sollte es ja eine öffentliche Chorandacht in der evangelischen Kirche in Georgensgmünd sein. Pfarrerin Cornelia Meinhardt, die mit ihrem Mann Mark selbst drei Söhne in Windsbach hat, hatte sich schon sehr auf die musikalischen Gäste gefreut. Doch die steigenden Corona-Zahlen sorgten für eine Absage und die Verlegung der Andacht nicht nur ins Chorzentrum, sondern fast schon ins Private. Doch halt: Der von Lukas Baumann dirigierte Auftritt hatte ja einen ganz offiziellen Charakter, so dass außer Martin Lehmann und einigen Chorsängern noch die Professoren Jürgen Puschbeck (Chordirigieren) und Ekhart Wycik (Orchesterdirigieren) sowie Hannes Pohlit (als Dozent für Partiturspielen) von der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar zu Gast.

Sie hörten besonders gespannt zu, denn das Dirigat Baumanns war gleichzeitig das Prüfungskonzert seines Musikstudiums, das er in Weimar zuletzt parallel zu seiner Aufgabe in Windsbach absolviert hatte. Nun galt es, das Hauptfach Chordirigieren erfolgreich abzuschließen. Kurz vor Beginn, erzählt er, schwor eine Männerstimme die insgesamt 29 Choristen noch auf eine Top-Leistung ein: „Wir holen die 1,0.“ Gesagt, getan: Luks Baumann bestand seine Prüfung mit der angestrebten Bestnote. Doch wie könnte das auch anders sein, bei einem derart vom Chorgesang begeisterten Musiker und Jungs, die die gleiche Liebe zum gemeinsamen Singen anfeuert?

Auf dem Programm standen Stücke des aktuellen Konzertrepertoires, die die Windsbacher aufgrund Corona bedingter Konzertabsagen derzeit nur „offline“ singen können: „Richte mich Gott“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, „Tristis est anima mea“ von Johann Kuhnau, „Selig sind die Toten“ von Heinrich Schütz, Psalm 149 von Emanuel Vogt, „Whitness“ von Jack Halloran, „Creatin“ von Willy Richter, „Laudate Dominum“ von Urmas Sisask, „Alleluja“ von Jake Runestad und das „Nachtlied“ von Max Reger.

Die Windsbacher können ihre Stücke, keine Frage. Derzeit proben sie Corona bedingt in kleineren Besetzungen, um den geforderten Mindestabstand einhalten zu können. Insgesamt fünf Proben hatte Baumann mit „seinem“ Chor. Natürlich sangen die Jungs anfangs auf „Autopilot“, doch schnell begriffen sie, welche Akzente ihr Dirigent auf Zeit in puncto Agogik und Dynamik sowie Absprachen setzen wollte: „Jeder Chorleiter hat da ja seine eigenen Vorstellungen“, erklärt Baumann und freut sich: „Der Chor hat flexibel reagiert.“ Lampenfieber hatte er vor seiner Prüfung keins: „Vielleicht die 20 Minuten davor“, grinst er. Während dieser besonderen Chorandacht habe er durchaus gespürt, dass die Jungs wussten, um was es für ihn geht.

Und um was geht es Baumann? „Das perfekte Dirigat gibt es nicht“, betont er. Man sei immer auf dem Weg. Für ihn geht es darum, Ausdruck und Technik zu vereinen; also das „Handwerk“ des Singens mit dem Vermitteln der textimmanenten Botschaft. Und die ist für ihn in keiner Gattung so intensiv wie in der Chormusik. Natürlich soll der Chor möglichst homogen klingen: „Die Stimmen sollten sich miteinander perfekt mischen – im Gesamtklang, aber auch innerhalb der einzelnen Register.“

Dozenten waren begeistert

Genauso sah es Prof. Jürgen Puschbeck und zeigte sich begeistert: „Meine Kollegen und ich wurden gleich sehr herzlich empfangen. Da spürten wir bereits, dass bei den Windsbachern ‚ein guter Geist weht‘, dass die Chemie stimmt.“ Schon das sei wirklich beeindruckend gewesen: „Einfach ein gutes und kreatives Miteinander, ohne Druck, so wie ich es als Kind im Dresdner Kreuzchor oft empfand.“ Das extra für die drei Prüfer organisierte kleine Konzert im Chorsaal von einem kleinen Auswahlchor spreche da auch schon Bände: „So etwas ist überhaupt nicht selbstverständlich. Die Knaben und Jugendlichen haben fantastisch gesungen! Vollkommen aufmerksam mit großem Fokus, gesangstechnisch brillant, sehr homogen in allen Stimmgruppen, intonationssicher, sprachlich, dynamisch und agogisch hervorragend! So etwas habe ich echt seit langer Zeit nicht erlebt!“ Beeindruckend für Prof. Puschbeck war auch, dass die Knaben während der zwei Männerchöre im Programm absolut aufmerksam im Sitzen zuhörten: „Da gab es kein Kind, dass da mit den Augen ‚im Saal herumgewandert‘ ist. Einfach klasse! Und unfassbar: Fast alle Sänger haben das doch anspruchsvolle stilistisch bunt gemischte geistliche Programm von 40 Minuten Dauer komplett auswendig gesungen, einfach toll!“ Man sei beseelt zurück nach Weimar gefahren und habe Lukas Baumann natürlich nur eine 1,0 „verpassen“ können: „Auch er hat das sehr, sehr gut gemacht und geleitet. Die Jungs mögen ihn sehr, das allein ist schon ‚die halbe Miete‘“, lobt Prof. Puschbeck.

Im Chorsaal saß natürlich auch Martin Lehmann, der die Windsbacher eigentlich dirigiert: „Lukas Baumann arbeitet nun schon über ein Jahr bei uns. Er hat in dieser Zeit als Stimmbildner und Leiter der Chorvorbereitung nahtlos an die Arbeit seines Vorgängers anknüpfen können und seine Arbeit wird im musikalischen Team und von den Jungs hoch geschätzt, er ist umfänglich integriert.“ Auch der Spagat, letzte Unterrichtseinheiten oder Prüfungen an der Hochschule Weimar mit seiner Arbeit hier in Windsbach zu verbinden, hätten reibungslos funktioniert. „Das Prüfungskonzert habe ich als sehr inspirierend erlebt: Lukas Baumann war nicht nur Nachdirigent von mir, sondern hat eigene Akzente im selbstgestalteten Probenbetrieb erarbeiten können. Ich war selber im Konzert gespannt, was umzusetzen geht und ich freue mich unglaublich für den Kollegen, dass seine dirigentische Arbeit von der Kommission mit 1,0 bewertet wurde.“

Nun ist Lukas Baumann Bachelor im Chordirigieren. Schon früh hat er gewusst, dass das Sujet Knabenchor das ist, wo es ihn beruflich hinziehen sollte. Dass dies bereits während des Studiums Wirklichkeit werden sollte, war eine glückliche Fügung. In Windsbach fühlt sich der Musiker sichtlich wohl und hat hier für die nächste Jahre seinen Platz gefunden. Wenn die Windsbacher spitze klingen, hat auch Baumann als Verantwortlicher für die Chorvorbereitung Anteil daran.