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Chöre aus Kiew zu Gast in Windsbach

Das Interatsfest an Christi Himmelfahrt wartete in diesem Jahr mit besonderen Gästen auf: dem Mädchenchor Vognik sowie dem Knabenchor Dzvinochok aus der Ukraine.

Das Internatsfest, das der Windsbacher Knabenchor traditionell an Christi Himmelfahrt feiert, war in diesem Jahr gleich in doppelter Hinsicht etwas Besonderes: Zum einen war es das erste nach zweijährigem Corona-Ausfall, so dass die Stände der einzelnen Gruppen, an denen man Waffeln oder gebrannte Mandeln genießen konnte, Kinderschminken, ein Spielsachen-Basar, eine Metalldetektor-Suchaktion sowie Dosenwerfen stattfanden oder Internats- und Schulführungen angeboten wurden, alles andere als „business as usual“ waren.

Und dann begrüßten die Windsbacher musikalische Gäste: Neben der Hochschule für evangelische Kirchenmusik waren dies vor allem zwei Chöre aus der Ukraine. Denn auch hier gibt es eine Chorszene, die nun natürlich durch das Kriegsgeschehen vor Ort empfindlich getroffen ist. In Kiew existiert der Kinder- und Jugendpalast, eine Bildungseinrichtung für junge Menschen zwischen fünf und 21 Jahren. Und es gibt zwei Vokalensembles: den Mädchenchor Vognik (zu Deutsch kleiner Vogel) und den Knabenchor Dzvinochok (kleine Glocke). Letzterer wurde 1967 gegründet; hier musizieren bis zu 150 Sänger zwischen fünf und 45 Jahren. Der Mädchenchor existiert seit 1970.

Abenteurliche Anreise

Kiew ist die ukrainische Partnerstadt von Leipzig. Und hier singt nicht nur der Thomanerchor, sondern ist auch (noch) der neue Chorleiter der Windsbacher, Ludwig Böhme, beheimatet. Über ihn kam der Kontakt zu den beiden ukrainischen Chören zustande, der die jungen Sängerinnen und Sänger auf ihre abenteuerlichen Reise von Kiew durch die europäischen Nachbarländer zuerst nach Leipzig und dann weiter nach Windsbach führte. Hier fanden sie vier Tage lang im Sängerinternat Quartier. Zwei Auftritte standen in dieser Zeit auf dem Programm: ein gemeinsamer aller Chöre in der Neustädter Kirche in Erlangen und einer der Kiewer Chöre in der Ansbacher St. Gumbertuskirche.

Ihre Gäste beherbergten die Windsbacher dabei auf einem großen Matratzenlager und boten mit Musik, Sport und Spiel genügend Abwechslung vom belastenden Alltag in der Heimat oder auf der Flucht: Viele Familien haben die ukrainische Hauptstadt bereits verlassen, so dass die beiden gecharterten Busse ihre singenden Fahrgäste durchaus auch unterwegs auflasen. Neben Händen und Füßen fanden die Windsbacher und ihre Gäste aus Kiew vor allem im Gesang eine nachhaltige Verständigungsmöglichkeit – und im gemeinsamen Glauben, dass die Musik stärker ist als Krieg und national geschürter Hass.

Gesamtspende von 25.000 Euro

Dem lag auch das Engagement der Windsbacher zugrunde, das diese zuvor mit ihren Friedensandachten an verschiedenen Orten in Bayern gezeigt hatten. Die Choristen selbst hatten den Willen geäußert, mit den eigenen Möglichkeiten ein Zeichen für Frieden sowie Völkerverständigung und damit gegen den Krieg zu setzen. Internatsdirektor Pfarrer Bernd Töpfer zeigte sich denn auch sichtlich stolz auf die jungen Sänger. Bei den vielbeachteten Open-air-Autritten des Knabenchors sowie bei den Konzerten kamen 15.000 Euro zusammen, die Olena Soloveg als Dirigentin des Mädchenchors Vognik und Ruben Tolmachiov als Dirigent des Knabenchors Dzvinochok während des Internatsfestes entgegennehmen konnten.

Weitere 10.000 Euro wurden anlässlich des Erlanger Konzerts gespendet, so dass sich beide Chöre insgesamt über 25.000 Euro freuen dürfen. Ein Teil der Spenden investiere man in das nächste Chorprojekt, der Rest gehe an Kriegswaisenkinder in der Ukraine, so Chorleiter Tolmachiov. Alleine jetzt hier sein und singen zu dürfen sei jedoch das eigentlich größte Geschenk für ihn und seine Schützlinge. Die Ensembles setzten ihre Reise durch Europa mittlerweile fort; nächstes Ziel war Breslau in Polen.

Der Leiter des Windsbacher Knabenchores Martin Lehmann (links) und Internatsdirektor Pfarrer Bernd Töpfer (rechts) übergeben die bei den Friedensandachten gesammelten Spenden an Olena Soloveg und Ruben Tolmachiov.