Hintergrund

St. Lorenz: Hauskirche der Windsbacher

Wie zwei Finger ragen die hohen Türme der St. Lorenzkirche mit ihren grünen Dächern aus dem Nürnberger Stadtbild. Sie ist neben St. Sebald eine der beiden Hauptkirchen der Frankenmetropole. Und sie ist die „Hauskirche“ der Windsbacher.

1955 wurde sie unter dem Gründer des Windsbacher Knabenchores, Hans Thamm, eingeführt, der rund 240 dieser musikalischen Andachten leitete. Etwa weitere 210 fanden unter der Leitung seines Nachfolgers Karl-F1955 wurde sie unter dem Gründer des Windsbacher Knabenchores, Hans Thamm, eingeführt, der rund 240 dieser musikalischen Andachten leitete. Etwa weitere 210 fanden unter der Leitung seines Nachfolgers Karl-Friedrich Beringer statt und mit der 454. Motette gab Martin Lehmann als Chorleiter der Windsbacher sein Debüt. Mittlerweile wurden hier mehr als 500 Motetten gesungen. Die Auftritte des Knabenchors in der Nürnberger St. Lorenz-Kirche sind somit ein nicht mehr wegzudenkender Beitrag des geistlichen und kulturellen Lebens der Stadt und ihrer Region.

Spannende Architektur- und Kunstgeschichte

Für einen Windsbacher wird dieses Gotteshaus im Laufe der Sängerkarriere immer selbstverständlicher, dabei hat St. Lorenz eine spannende Geschichte und ebensolche architektonische und kunstgeschichtliche Merkmale.

Mit dem Bau der Kirche wurde zwischen 1243 und 1315 begonnen. An der Stelle, an der heute die Lorenzkirche steht, befand sich zuvor eine Kapelle, die dem „Heiligen Lorenz zum heiligen Grabe“ geweiht war. Leben heute rund eine halbe Million Menschen in Nürnberg, waren es im Jahr 1315, als die Pfarrei, die die Lorenzkirche beheimaten sollte, selbständig wurde, zwischen 10.000 und 15.000 Bürgerinnen und Bürge.

Der Hallenchor entstand zwischen den Jahren 1439 und 1477. Heute überrascht dieses langgezogene Kirchenschiff mit seinen beeindruckenden Glasfenstern den Besucher. Hier hängt auch der berühmte „Engelsgruß“ des Künstlers Veit Stoß (1447-1522), eines Bildhauers und Schnitzers der Spätgotik. In den Jahren 1517 und 1518 hatte der Patrizier Anton Tucher das Kunstwerk bei Stoß in Auftrag gegeben: Es zeigt die farbig gefassten und größtenteils vergoldeten Figuren von Maria und dem Erzengel Gabriel bei der Verkündigung der Geburt Jesu, umgeben von einem Rosenkranz aus 55 goldenen Blüten. Über der Szene schweben Gottvater und musizierende Engel, am unteren Ende sieht man eine Schlange mit angebissenem Apfel im Maul.

Vorreformatorische Kunstwerke

Da die Reformation in Nürnberg erst 1525 eingeführt wurde, handelt es sich beim „Engelsgruß“ von Stoß wie beim Sakramentshaus von Adam Kraft (~1455-1509) um vorreformatorische Kunstwerke. Auch dies ist ein kirchliches Artefakt, das den Besucher von St. Lorenz sofort gefangen nimmt. Nicht nur der Bildhauer selbst hat sich hier bei der Arbeit verewigt: Das über 18 Meter hohe Tabernakel aus Sandstein besteht aus einer Umgangsbühne und einem Pinakel, einem aus Stein gemeißelten, schlanken und spitz auslaufenden Türmchen. Oberhalb des Sakramentsschränkchens sind verschiedene Szenen der Passion Jesu zu sehen. Trotz seiner filigranen Gestalt und der starken Beschädigung der Lorenzkirche durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg konnte dieses Kunstwerk durch eine Ummauerung weitgehend vor der Zerstörung bewahrt werden.

Anfangs wurden hier aufgrund mangelnder Mittel die alten Steine der abgerissenen Kapelle mit verbaut. Laut Plan sollte eine dreischiffige Kirche mit zwei Türmen und einem hohen Mitteldach erbaut werden. Um 1375 kamen die Arbeiten am eigentlichen Gotteshaus zum Abschluss und gegen 1400 wurden die Türme vollendet. Da sich in der Patrizierstadt immer mehr wohlhabende und angesehene Bürger ansiedelten, wurden einzelne Familienkapellen geschaffen. In diese Zeit – 1385-1430 – fällt auch der Einbau der drei Emporen.

Heilige Konkurrenz

Ist St. Lorenz heute eine der beiden Nürnberger Hauptkirchen, stand sie vor Jahrhunderten in Konkurrenz zu ihrer heutigen „Schwesterkirche“ St. Sebald: Hier war der 1425 heiliggesprochene Namenspatron begraben, was für einen großen Pilgerstrom sorgte. Um ein Argument für die Erweiterung des Hallenchores zu haben, wählte St. Lorenz den Heiligen Deocarus, einst Beichtvater Karls des Großen im Kloster Herrieden, als Publikumsmagnet und sorgte ebenfalls für den Anstieg der Pilgerschar.

Die Einführung der Reformation im Jahr 1525 erfolgte durch eine offizielle Untersuchung, die die Überlegenheit der protestantischen Argumente belegt hatte. Einen Bildersturm, also die Entfernung von Gemälden, Skulpturen und Kirchenfenstern hatte Nürnberg allerdings nicht erlebt, weswegen die zahlreichen Kunstwerke und Altäre – in St. Lorenz unter anderem der Annen-, der Deocarus-, der Dreikönigs- oder der Imhoff-Altar sowie das Kaiser-, das Knorr- und das Konhofer-Fenster – nicht aus den Gotteshäusern entfernt wurden.

Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

Blieb St. Lorenz durch die Jahrhunderte vor der Zerstörung bewahrt, traf just an ihrem Namenstag, nämlich am 10. August 1943, dem Laurentiustag, eine Fliegerbombe das Gotteshaus und richtete starke Schäden an. Eine weitere Bombe brachte am 2. Januar 1945 dann das komplette Dach des Langhauses zum Einsturz. Nach der Zerstörung im Krieg machten sich Nürnberger Bürger und die Lorenzer Kirchengemeinde für den Wiederaufbau ihrer Kathedrale stark und nach langen und mühsamen Arbeiten konnte hier am 10. August 1952 der erste Gottesdienst stattfinden: wiederum am Laurentiustag.

Heute besticht St. Lorenz als ein Wahrzeichen spätgotischer Baukunst: 91,20 Meter ist die Kirche in ihrer Gesamtheit lang und 30 Meter breit. Das Mittelschiff hat eine Höhe von 24,20 Metern und eine Breite von 10,40 Metern, das Seitenschiff ist 11,50 Meter hoch und 5,90 breit und der Hallenchor hat eine Höhe von 24,20 Metern und eine Breite von sogar 28,60 Metern. Die Türme sind 80,80, bzw. 81 Meter hoch.

Größte evangelische Orgel Deutschlands

Mächtige Ausmaße also, um der Kirchenmusik, die hier unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Matthias Ank und Thomas Schumann stattfindet, einen würdigen Rahmen zu geben. Es musizieren die Hans-Leo-Hassler-Kantorei, der Bachchor St. Lorenz und das Vokalensemble St. Lorenz sowie das Blechbläserensemble Lorenz Brass – und nicht zu vergessen der Windsbacher Knabenchor unter der Leitung von Martin Lehmann in den Motetten. Eine wichtige Mitwirkende ist hier stets auch die Lorenzer Orgel mit ihren 165 Registern und 12.156 Pfeifen, dazu fünf Cymbelsternen mit insgesamt 27 Glocken. Somit ist diese „Königin der Instrumente“ die größte Orgel in einer evangelischen Kirche in Deutschland – auf der „Weltrangliste“ belegt sie übrigens den elften Platz.

[jgw]