Hintergrund

Zusammen leben und lernen

Die meisten der Windsbacher Choristen leben im angeschlossenen Sängerinternat, wo sie gemeinsam wohnen, essen, lernen und natürlich auch singen.

In Windsbach wird gesungen. Das ist die Hauptsache. In den Zeiten außerhalb der Chorproben und Auftritte kümmert sich ein engagiertes Team aus Erzieher*innen um die jungen Sänger. Was sind ihre Aufgaben? Wie wird hier gearbeitet? Welche Ziele werden verfolgt? Gibt es eine „Windsbacher Erziehung“?

„Internate bieten Schülerinnen und Schülern anderes und mehr, als eine Erziehung in der Familie und an normalen Halbtages- oder Tagesschulen leisten kann.“

So heißt es in einem Fachbeitrag von Dr. Steffen Schramm, Leiter des Instituts für kirchliche Fortbildung. Überschrieben sind seine Ausführungen mit „Persönlichkeit entwickeln – Verantwortung übernehmen – Lernen lernen“. Sie behandeln die pädagogischen Angebote in evangelischen Internaten. Das Windsbacher Sängerinternat ist Mitglied im Verband Evangelischer Internate in Deutschland.
 
Dessen früherer Vorsitzender Gert Hilscher umriss in einem Interview das zentrale pädagogische Anliegen in den Einrichtungen: „Kinder und Jugendliche erhalten [hier] nicht nur eine gute schulische Ausbildung, sondern lernen auch das, was von ihnen im späteren Berufsleben in besonderem Maße gefordert wird, nämlich Verantwortung zu übernehmen und soziale Kompetenz.“ Gerade in einer Zeit der Ein-Eltern-ein-Kind- bzw. Zwei-berufstätige-Eltern-ein-Kind-Familie könnten Jugendliche in einem Internat wertvolle persönliche Erfahrungen im Umgang mit anderen Jugendlichen und Erwachsenen machen, die im späteren Leben vorteilhaft seien, hat Dr. Schramm beobachtet. Internate könnten durchaus einen „Kontrapunkt zu gesellschaftlichen Entwicklungen der Vereinzelung“ setzen und Jugendliche in einer schwierigen Lebensphase der Identitätsfindung mit einem eigenständigen Erziehungsangebot fördern sowie begleiten.

Internat als Einrichtung für Erziehung und Bildung

Eltern, die ihr Kind auf ein Internat schicken, suchen damit nicht automatisch eine Alternative zur Familie, sondern eine optimale Ergänzung, eine Einrichtung, in der Erziehung und Bildung gleichermaßen stattfinden. Hierfür steht Windsbach. Im Sängerinternat des Knabenchores erleben die Schüler von der vierten bis zur zwölften Klasse eine Erziehung, deren Ziel die Entwicklung der Persönlichkeit auf dem Weg des Erwachsenwerdens ist. Auf der einen Seite steht das pädagogische Angebot durch ausgebildetes Personal im Internat, auf der anderen Seite die Arbeit des Windsbacher Knabenchores mit hochqualifizierten Musikpädagogen.

©Mila Pavan

Gerade in der schwierigen Phase der Pubertät finden die jungen Sänger des Chores Halt im Miteinander von Chor und Internat: Der Alltag in den Gruppen ist, abhängig vom Alter der Schüler, vom Aufstehen bis zum Bettgang strukturiert: Einzelne Elemente wie morgendliche Andachten, der Schulgang, das gemeinsame Essen dreimal täglich, die Studierzeiten, Musikunterricht und natürlich die Chorproben bilden ein stabiles Gerüst mit festen Orientierungspunkten. Dass dieses „Gerüst“ hält und dass sich die einzelnen Schüler darin bewegen, dafür trägt in Windsbach das pädagogische Personal um Erziehungsleiter Alfred Frosch Sorge.

„In einer Zeit, die durch wachsende Individualisierung und Privatisierung gekennzeichnet ist, üben Internate Solidarität und gemeinsames Leben ein“, schreibt Schramm weiter. Internate hätten dabei auch das Ziel, dass ihre Bewohner „das Lernen lernen“. In Windsbach heißt das: Die schulische Laufbahn wird durch feste Studierzeiten begleitet. Nachhilfe sorgt für die Vertiefung des Stoffes, spezielle Chorklassen sollen garantieren, dass die schulische Leistung nicht unter den musikalischen Verpflichtungen der Sänger leidet.