Hintergrund

Memento mori

Zum Totensonntag präsentierten die Windsbacher ein kurzes Video mit dem „Ave verum“ des englischen Komponisten William Byrd – ein kleines Juwel der Vokalmusik.

Memento mori: Bedenke, dass Du sterben wirst. Der Begriff entstammt dem antiken Rom, wo bei einem Triumphzug hinter dem Feldherrn ein Sklave ging, der über dessen Kopf einen Lorbeerkranz hielt und unter anderem immer wieder diese lateinischen Worte aufsagte. Auch die christlichen Feiertage Allerheiligen, Allerseelen und Volkstrauertag erinnern an die Toten und somit auch die eigene Sterblichkeit.

Im November steht das Gedenken im Mittelpunkt und den Abschluss bildet traditionell der Toten- oder Ewigkeitssonntag. An diesem stillen Gedenktag sind fröhliche und laute Veranstaltungen untersagt. Umso passender fügt sich da das zweite Video ein, dass die Windsbacher unter der Leitung von Ludwig Böhme im Sommer in der Ansbacher St. Gumbertus-Kirche produziert haben: Das „Ave verum“ von William Byrd.Ermöglicht wurde dieses Projekt durch das Patronat Windsbacher Knabenchor, für die Kameraführung zeichnet Marc Philip Ginolas verantwortlich, Tonmeister war Tobias Hoff.

Die vierstimmige Motette „Ave verum corpus“ von William Byrd (1539/40-1623) findet sich in seinem Werk „Gradualia“. Hierin ist der Text vertont, den die katholische Kirche ursprünglich für den Feiertag Fronleichnam vorsieht. Dieses Stück ist das Werk Byrds, das am meisten Aufführungen erlebt, keines wurde öfters aufgenommen. Seine Verbreitung fand es allerdings erst relativ spät: Als ausgewiesen katholisches Werk wurde es von den englischen Kirchenmusikern lange Zeit gemieden, bis es Chöre im späten 19. Jahrhunderts wieder für ihr Repertoire entdeckten.

Da das Stück technisch keine allzu großen Herausforderungen an die Sänger stellt, können sich diese voll und ganz auf eine ausdrucksvolle Interpretation konzentrieren. Das „Ave verum“ ist ein Reimgebet aus dem späten Mittelalter; die Gläubigen grüßen während des Abendmahls den Leib des Erlösers, der ihnen bei der Wandlung in Gestalt von Brot und Wein begegnet. Der lateinische Text lautet übersetzt: „Sei gegrüßt, wahrer Leib, / geboren von Maria, der Jungfrau, /der wahrhaft litt und geopfert wurde /am Kreuz für den Menschen; / dessen durchbohrte Seite /von Wasser floss und Blut: / Sei uns Vorgeschmack /in der Prüfung des Todes!“

William Byrd – ein „ökumenischer“ Komponist

William Byrd hatte maßgeblichen Einfluss auf die englische Spätrenaissance. Er schuf Musik für alle Gattungen, wobei sein geistliches Œuvre sowohl katholische als auch protestantische Werke umfasst. Das überrascht, denn Byrd selbst war katholisch und gehörte damit in seiner Heimat England später zu einer verfolgten Minderheit, die immer wieder Diskriminierungen ausgesetzt war. Dort wechselte nämlich mit den Monarchen auch stets die Konfession.

Als Byrd um 1540 geboren wird, herrschte Heinrich VIII, der sich von Rom lossagte und den Katholizismus verbot. Maria I. machte dies rückgängig und so konnte Byrd als Chorknabe katholische Messen singen. Die Regentschaft währte indes nur fünf Jahre und Elisabeth I. kehrte zurück zum Protestantismus. Byrd konnte trotzdem Organist und Chorleiter in Lincoln werden. Er wechselte nach London, wo man auch bei Hofe auf ihn aufmerksam wurde: 1570 ernannte ihn die Königin sogar zum „Gentleman of the Chapel Royal“ und zwei Jahre später wurde er neben Tallis Organist der königlichen Kapelle. Beiden verleiht Elizabeth I. das Privileg des Musikdrucks.

Byrd war sicherlich der wichtigste Komponist der Tudorzeit und hatte den Ruf des „englischen Palestrina“. Chormusik nimmt in den 500 Werken seines Schaffens eine zentrale Stelle ein. Während er für die protestantische Königin groß besetzte Musik komponierte, schrieb er für seine katholischen Glaubensgeschwister intime Werke, die von den im Untergrund praktizierenden Gemeinden aufgeführt wurden. Aus diesem Grund veröffentlichte sie Byrd auch anonym.