Hintergrund

Weit mehr als Böhmes rechte Hand

Andreas Fulda (33) ist der Chorleitungsassistent des Windsbacher Knabenchors. Diese verantwortungsvolle Aufgabe findet vor allem außerhalb der großen Bühne statt. Im Interview erzählt er über seine ihn erfüllende Arbeit.

Herr Fulda, wie sah Ihr Weg nach Windsbach aus?

Aufgewachsen bin ich in Schwabach und habe dort das musische Gymnasium besucht. Ums Abi rum habe ich dann tatsächlich hier in Windsbach privat Stimmbildung genommen. Ich begann, Musik und Englisch auf Lehramt zu studieren und habe dann aber gemerkt – auch aufgrund eines Erasmus-Aufenthalts in Tallin/Estland –, dass mir Chorleitung echt viel Spaß macht. Parallel habe ich dann Dirigieren studiert und im Lehramt mit dem ersten Staatsexamen sowie in Chorleitung mit Bachelor in Mannheim und Master in Saarbrücken abgeschlossen. Im November 2022 habe ich dann in Windsbach angefangen.

Was genau ist die Aufgabe des Chorleitungsassistenten?


Ich habe eine vertraglich festgelegte Dirigierverpflichtung, weswegen sich die Assistentenstelle in Windsbach de facto auch zu einer stellvertretenden Chorleiterstelle gewandelt hat. Ludwig Böhme und ich übernehmen gemeinsam die alltägliche Probenarbeit, wo ich korrepetiere und Stimmproben leite und im Krankheits- und Vertretungsfall auch den großen Chor dirigiere. Wenn Auftritt anstehen, leite ich die Proben für den Teil der Jungs, die nicht auf der Besetzungsliste stehen. Und ich übernehme nach Absprache durchaus auch kleinere Auftritte oder Teile eines Konzerts. Außerdem vertrete ich Ludwig Böhme im Krankheitsfall.


Andreas Fulda spielt bei einer Chorprobe in St. Gumbertus die Truhenorgel.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag für Sie in Windsbach aus?

In der Regel komme ich zur Mittagszeit und erledige organisatorische Aufgaben. Ich koordiniere Termine und kümmere mich auch um Personalfragen. Nachmittags leite ich verschiedene Angebote wie den „Probechor-Booster“ für die Neuen: Hier wird ja ganz anders als in der Chorvorbereitung gearbeitet, es geht alles schneller und kompakter, was mehr Konzentration und auch Wissen abverlangt. In dieser Gruppe wird es künftig auch darum gehen, das Selbstbewusstsein und Sozialverhalten des Einzelnen zu stärken, denn durch Corona gibt es hier durchaus etwas Nachholbedarf. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe, weil es durchaus darum geht, die Begeisterung für Windsbach wach zu halten – bei den Jungs und auch bei den Eltern. Die Gruppendynamik des Gesamtchors ist schon eine Herausforderung für die Kleinen und das kann ich hier ein wenig auffangen. Ein weiteres Angebot ist der „Blattsing-Booster“, denn die Fähigkeit, Stücke möglichst schnell vom Blatt singen zu können, ist für die Chorarbeit hier doch sehr wichtig.

Sie kümmern sich auch um die Jungs während der Stimmbruchzeit?

Ja. Im so genannten „Mutantenstadl“ begleiten wir unter wechselnder Leitung die früheren Knabenstimmen auf ihrem Weg hin zur Männerstimme, mit der sie dann wieder in den Gesamtchor eintreten. In der Fachwelt wird durchaus diskutiert, ob Jungs während des Stimmbruchs überhaupt singen sollten. Aber am Fußballplatz schreien sie ja auch mal ohne Folgen – insofern ist ein „betreutes Singen“ durchaus sinnvoll. Außerdem haben wir in den zwei Proben wöchentlich einen Überblick auf die Entwicklung jedes Einzelnen und können dort unterstützend engreifen, wo es vielleicht Schwierigkeiten gibt. Es geht ja auch darum, die Jungs in der schwierigen Zeit der Pubertät in der Gruppe zusammenzuhalten. Ich sehe meine Rolle als Chorleitungsassistent durchaus auch ein bisschen als Mittler zwischen Chor und Dirigent über alle Stadien der Stimmentwicklung hinaus. Ich tausche mich regelmäßig mit dem pädagogischen Personal aus und sitze für das Chorzentrum auch in der Mitarbeitervertretung.

Was ist für Sie das Tolle am Windsbacher Knabenchor?

Es ist schon so, dass ich eine solche Klanglichkeit und Genauigkeit, dabei aber eine derartige Homogenität und Jugendlichkeit bislang bei keinem anderen Chor gehört habe. Der Ehrgeiz, den die Jungs hier an den Tag legen und den dieser Chor hat, ist schon bestechend. Da muss man auch mal an der Lockerheit arbeiten, denn wenn was nicht gleich so klappt, kann das durchaus auch Auswirkungen auf die Stimmung und damit den Klang haben. Hier müssen wir immer mal ein bisschen ausgleichend wirken und gute Teamarbeit leisten. Ludwig Böhme und ich ergänzen uns in der täglichen Probenarbeit, denn wir ziehen musikalisch auch ohne detaillierte Absprachen am gleichen Strang, wobei wir durchaus unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

Ist das hier also ein Traumjob?

Ich wusste tatsächlich schon nach dem ersten Tag meiner Bewerbungswoche, dass ich das unbedingt machen will: die Aufgabe, der Campus, die Atmosphäre, das Ländliche, die netten und wertschätzenden Jungs. Ich bin ja Künstler und Pädagoge und beides kann ich hier auf hohem Niveau ausleben. In meinem Arbeitsvertrag steht, dass ich als Künstlerpersönlichkeit in Franken wirken kann und soll. Und es ist eine 70-Prozent-Stelle, die mir Raum für eigene Ambitionen lässt. Ich habe einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe und mir jetzt mit der Gründung des Sonoris Vokalensembles in Nürnberg einen Herzenswunsch erfüllt. Der neue Kammerchor probt mit dem Anspruch, dass man sich selbstständig auf das gemeinsame Arbeiten vorbereitet, so dass in den Proben möglichst schnell Musik gemacht werden kann. Unser erstes Konzert ist im Sommer. Wenn das Datum feststeht, ist. es im Internet unter www.andreasfulda.de zu lesen.